Prof. Dr. Andreas Syska Syska Unternehmensberatung
Für Auftragsfertiger gibt es in den nächsten Jahren drei Herausforderungen zu bewältigen. Finanzierung, Human Ressources und Logistik. Sprechen wir über Logistik. Viele Auftragsfertiger sind stolz, hier ihren Kunden eine Vielzahl von Leistungen anbieten zu können. Materialbeschaffung und Konsignation stehen dabei ebenso im Angebot wie Just-in-Time, Verpackung und Versand. Sicherlich sind diese Leistungen wichtige Meilensteine auf dem Weg zum Full-Service-Provider – auf lange Sicht ist dies aber nicht genug. Betrachten wir die Welt der Auftragsfertigung doch einmal aus der Vogelperspektive. Wir sehen, wie sich logistische Leistungsketten bilden, in der über eine Vielzahl von Wertschöpfungsstufen hinweg hochspezialisierte Unternehmen Spitzenleistungen vollführen. Zu diesen Spitzenleistungen gehört es aber nicht nur, den unmittelbaren Wertschöpfungsprozess zu beherrschen, sondern auch das logistische Umfeld.
Und da tun sich heute krasse Gegensätze zwischen dem auf, was in vielen Industrien unter Logistik verstanden wird und dem, was Auftragsfertiger daraus machen. Hierzu ein Beispiel: Eines der aktuellen Stichworte in der Logistik heißt CPFR und meint das gemeinsame Planen und Bewirtschaften von Bedarfs- und Abnahmemengen zwischen dem Dienstleister und dem Kunden. Ziel ist es, sich rechtzeitig auf Mengenschwankungen einstellen zu können beziehungsweise diese gar nicht entstehen zu lassen. Es klingt wie ein Märchen aus einer anderen Welt. Ist doch die gelebte Praxis in der Auftragsfertigung grob umrissen: Kunde ruft, Auftragsfertiger springt! Auftragsfertiger rühmen sich hoher logistischer Flexibilität und verwechseln dies häufig mit der zweifelhaften Fähigkeit, sich das Rückgrat extrem verbiegen zulassen. Und Kundenorientierung wird oftmals als Gabe verstanden, sich jede abnehmerseitige Demütigung widerspruchslos gefallen zulassen. Mit logistischer Kompetenz hat dies aber nichts zu tun.
Ein weiteres Beispiel heißt IT-Vernetzung. Kunden und Lieferanten verknüpfen derzeit internetbasiert ihre ERP-Systeme und dies ebenfalls über mehrere Wertschöpfungsstufen hinweg. Und Auftragsfertiger? Viel zu oft ist man stolz auf die Individualprogrammierung eines ERP-Systems, welches die internen Strukturen zwar perfekt abbildet, aber die zwischen Auftragsfertiger und Kunde bestehende informationstechnische Funkstille weiter zementiert. Anstatt sich mit dem Kunden zu verzahnen, beschränkt man sich also darauf zu reagieren. Dabei werden Zirkusnummern vollführt, die spektakulär sind wie der Sprung der Raubkatze durch den brennenden Reifen. Am anderen Ende sitzt man da mit angesengtem Fell und heischt nach Beifall. Der kommt auch, aber nicht für die Raubkatze, sondern nur für den Dompteur. Mit anderen Worten: wessen Kompetenz sich darin erschöpft, auf Peitschenknall zu springen, darf sich nicht wundern, wenn er als Logistikpartner nicht ernstgenommen wird.
Logistische Systeme sind wie Orchester; sie sind auf das perfekte Zusammenspiel von Vielen angewiesen. Man muss ja nicht gerade der Dirigent dieses logistischen Orchesters werden, wer hier aber mitspielen möchte, sollte die Partitur lesen können, mindestens jedoch die Anweisungen des Dirigenten verstehen können. Oder man spielt halt ohne ihn weiter. Liebe Auftragsfertiger, verschaffen Sie sich beim Besuch eines Logistikkongresses ein Bild über die Umwälzungen, die derzeit diskutiert werden. Und seien Sie sich sicher: dies wird in naher Zukunft auch von Ihnen verlangt.
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