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Automatisiertes, bleifreies Selektivlöten Gerhard B. Wolski, Krailing

Dienstleister mit innovativen und kompetenten Fertigungs-Techniken
Automatisiertes, bleifreies Selektivlöten Gerhard B. Wolski, Krailing

Zwar sind es nur einige wenige Lötstellen, einfach vier Verbindungen, die bei einem Bauteil der Zündelektronik für Automobile herzustellen sind, doch bei dem jährlich millionenfach gefertigten Modul kommt es auf höchste Präzision, Zuverlässigkeit und Durchsatz an. Bis vor wenigen Monaten wurden die Teile für das Zündmodul bei Fertigungsdienstleister Deltec per Handarbeit in einer Aufnahmevorrichtung aneinander gepasst, und dann bleifrei verlötet. Wie der geschäftsführende Gesellschafter Frank Dahlhoff sowie Fertigungsleiter Georg Steiner unterstreichen, haben dies erfahrene Fertigungsmitarbeiter zur vollen Zufriedenheit von Kunden und hauseigener Qualitätssicherung erledigt, dennoch muss auch hier die Produktionsautomatisierung im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit weitergehen.

Der selektive Lötprozess wurde im Zuge weiterer Rationalisierung und für den nötigen Kapazitätsausbau der Linie automatisiert. Wie sich zeigt, sind die Anforderungen sowohl an die Präzision des Produktträgers (Lötrahmen) als auch an die selektive Lötanlage bei dieser zuerst einfach erscheinenden Aufgabe gar nicht hoch genug einzuschätzen. Die dabei im Unternehmen für die nötige Entwicklung von Prozess und Werkzeugen aufgewendete Expertise und Kompetenz zeigt, dass für die Lösung solcher spezifischen Aufgaben immer eine Kooperation zwischen Anwender und Lieferant mit intensivem Informationsaustausch nötig ist, verdeutlicht der Fertigungsleiter. Wobei hohe Eigeninitiative und Erfahrung bei den Optimierungsschritten hilft, gewünschte Ergebnisse rascher zu erzielen.

Vier Lötstellen mit hohen Anforderungen
Die Fertigung bei Deltec im bayerischen Furth im Wald arbeitet mittlerweile seit einem Jahr mit bleifreien Loten, und hat nach der Einführungs- und Umstellungsphase auch äußerst vielversprechende Erfahrungen gemacht. Doch in Kombination mit einer automatisierten Anlage für Selektivlöten hatte man weitgehend technologisches Neuland betreten. Die beiden größten Problematiken waren, wie sich herausstellen sollte, einmal der an Objekt und Lot angepasste Lötvorgang selbst, sowie der Produktträger. Das heißt, die Vorrichtungen (Greifer, Produktträger), in welche die einzelnen Komponenten des Zündmoduls vor dem Lötvorgang höchst effizient und mit einer Toleranz von nur 0,1 mm eingepasst werden müssen. Es handelt sich nur um einen Stecker und eine relativ kleine Leiterplatte. Das ist alles.
Zwar hat, wie Georg Steiner betont, der Anlagenlieferant hier eine Lösung zugesagt, aber glücklich ist man mit diesem Mechanismus bei Deltec nicht geworden. Die Folge: die hauseigene Konstruktion und Mechanikfertigung haben das optimale Lötwerkzeug letztlich selbst auf den Weg gebracht. „Der Equipmentlieferant hatte diese Aufgabe an ein anderes Unternehmen delegiert, aber deren Konstruktion war viel zu aufwändig, unhandlich, im Gewicht mit 20 kg sehr schwer und hat sich außerdem auch nicht gut entladen lassen“, erinnert sich der Fertigungsleiter. „Unsere Entscheidung war nach diesen Ergebnissen dann klar: das machen wir selbst. Schließlich haben wir kompetente Konstrukteure, CAD-Anlagen und wissen die Aufgabe auch sachgerecht umzusetzen.“ Eine weitere Problematik war, dass die automatische optische Inspektion (AOI) der frischen Lötstellen noch im Produktträger erfolgt, so dass hier auch die optische Zugänglichkeit sicher gestellt werden muss. Die Be- und Entladung der Träger (Abmessungen 200 x 400 mm², Aufnahme von Leiterplatte und Stecker für 12 Schaltungen) wird ja derzeit immer noch manuell vorgenommen. Die Automatisierung dieser Schritte ist als weitere Investition bereits angepeilt.
Genau diesem Produktträger bzw. Lötrahmen kommt in der Prozessautomatisierung eine Schlüsselbedeutung zu. So sind hier grundsätzlich durch die Konstruktion und die Präzision der mechanischen Fertigung bereits die Positionsangaben und die Genauigkeit (± 0,1 mm) festgelegt. Um das Handling in der Linie und weitere Automatisierung zu vereinfachen, ist ein genaues und dennoch leichtes, mechanisches Assembly mit geringen Massen nötig. Sowohl die Bestückung von Leiterplatte und Stecker, als auch die Entnahme der gelöteten Schaltung muss – trotz der geringen Toleranz – leicht sowie ohne Klemmen und Beschädigungen des Produkts, komplikationslos möglich sein. Eine Ausdrückstation hebt die kleinen Schaltungen nach AOI und elektrischer Prüfung (ICT) leicht für die Entnahme an. Der Produktträger wurde bereits so gestaltet, dass er im nächsten Schritt auch automatisch bestückt werden kann.
Weiterentwickelter selektiver Lötprozess
So musste der selektive Lötvorgang in der Auswahl der Düsen, durch die das Lot fließt und die Mini-Welle bildet, in punkto Wärmeübertragung gezielt angepasst werden. „Dafür haben wir während der monatelangen Versuchsphase bereits über 20.000 dieser kleinen Baugruppen gelötet. Und zweimal wurden Nozzles geändert, um die Wärmeübertragung zu verbessern.“ Wie Fertigungsmanager Steiner verdeutlicht, waren hier in enger Zusammenarbeit mit dem Anlagenlieferanten noch umfangreiche Arbeiten nötig, die über das durchdachte Konzept der Lötanlage doch noch weit hinausragten. „Also, schlüsselfertig war diese Lösung sicher nicht, aber wir hatten eine tragfähige Basis für weitere Entwicklungen. Es galt, unsere Anforderungen an Anlage, Bleifrei-Lot, Flussmittel, Fluxereinheit und hohe Präzision in Einklang zu bringen.“
Das Konzept für diesen selektiven Lötprozess bei Deltec sieht eine Realisierung in zwei Schritten vor. Das bis dato noch manuell vorgenommene Einsetzen von Stecker und vereinzelter Leiterplatte in den Objektträger soll künftig von zwei Sonderbestückern vorgenommen werden. Damit würde dann eine völlig automatisierte Anlage die Produktion des Zündkerzensteckers übernehmen. Um hier auch in der Qualitätssicherung auf Nummer Sicher zu gehen, erfolgt nach der automatischen Inspektion des Produkts noch vor der Entnahme aus dem Träger eine abschließende elektrische Prüfung. An diese Stecker-Leiterplatten-Kombination wird später noch ein IGBT (im Through-Hole-Verfahren) sowie einige SMDs aufgelötet. Mithin ist die Schaltung zwei Lötvorgängen ausgesetzt.
Den verwendeten Loten und der Lötpräzision galt natürlich aufgrund dieser Situation besondere Aufmerksamkeit. Die vier Lötstellen verbinden den Stecker mit dem Kunststoff-Gehäuse (Schmelzpunkt 210 °C) und die kleine Leiterplatte, das Lot benötigt jedoch 221 °C. Damit der Kunststoff nicht verbrannt wird und damit Ausschuss entsteht, müssen das Lötprofil und speziell die Schmelzphase exakt überwacht und geregelt werden, um temperaturabhängige Vorschädigungen sicher zu vermeiden. Damit nicht genug, unter diesen Umständen ist auch die Auswahl der Leiterplatte eine sehr wichtige Aufgabe. Das LP-Material, eine spezielle FR4-Komposition, weist einen Glaspunkt (Tg) von 175 °C auf. Auch hier waren noch intensive Abstimmungen mit dem Lieferanten nötig, um Sicherheit, Zuverlässigkeit und Qualität so abzusichern, dass das Prozessfenster weit genug ist. Wie Georg Steiner weiter erklärt, mussten die Fertigungstoleranzen um mindestens 50% reduziert werden. „Bei der Prozessoptimierung drehen wir natürlich an allen relevanten Stellschrauben, um die Einflussgrößen aufeinander abzustimmen, und sichere Produktionsergebnisse zu erzielen.“
Das Löten in der selektiven Anlage erfolgt mit einer Schutzbegasung der einzelnen kleinen Lotbäder (Multiwave). Entscheidend ist hier die Höhe des Lots auf den kleinen Wellen und die Benetzung der Lötstellen. Würde man zu viel Stickstoff einsetzen, wäre die Benetzung mangelhaft, denn zum Benetzen und Löten ist immer ein bestimmter Anteil Sauerstoff nötig. Das Verhältnis von O2 und N2 muss also fortlaufend gut kontrolliert und gesteuert werden.
Prozesssicherheit und Durchsatz steigen
Wo liegen die wesentlichen Vorteile der selektiven Lötanlage? Bei einer manuellen Lötzeit der vier Anschlüsse von jeweils 3 s, wie der Fertigungschef erläutert, erreicht man eine typische Bearbeitungszeit von 15 s je Produkt. Die selektive Lötanlage hingegen verarbeitet 12 Schaltungen in einem Durchgang, und benötigt dazu inklusive Vorheizen (durchgeführt mit einer eigenen Konstruktion) und Fluxen nur etwa 25 s. Der hier eingesetzte Dropjet-Fluxer des Anlagenherstellers wird sehr gelobt. Er setzt gezielt die Punkte, und damit werden Rückstände auf der Schaltung erheblich reduziert. Zudem minimiert dies den Materialeinsatz auch noch, denn Stellen, die kein Flussmittel erhalten sollten, werden einfach ausgespart. Weil es sich um ein Flussmittel auf Wasserbasis handelt, ist kein Ex-Schutz mehr nötig und die Vorhei- zung kann mit höherer Temperatur betrieben werden, womit die Temperaturverhältnisse von vorher 70/220 °C bei Fluxer mit Alkohol auf jetzt 110/220 °C vorteilhaft verändert werden konnten.
Die Kooperation zwischen Deltec und dem holländischen Anlagenlieferanten war im Rahmen der Evaluierung naturgemäß sehr eng. Auch erfolgte über eine Woche eine intensive Applikationsunterstützung, wozu auch Mitarbeiter aus den Niederlanden anreisten. Frank Dahlhoff, über die Einführung der Lötanlage: „Wir haben vorher auf Managementebene untersucht, welcher nächster Automatisierungsschritt uns im Unternehmen mit größter Wahrscheinlichkeit die meisten Vorteile verspricht. Nachdem wir sehr große Investitionen in der Bestückung von 0201-Komponenten und in der automatischen optischen Inspektion vorgenommen haben, fiel nun die Entscheidung auf das Selektivlöten. Unser Fertigungsleiter und seine Mitarbeiter haben dazu – wie stets in solchen Fällen – unter den Angeboten des Marktes dann jene Lösung selektiert, mit der wir unsere Ziele am ehesten realisieren konnten.“
„Durch die Automatisierung“, so Georg Steiner, „können wir an dieser Stelle insgesamt den Ausstoß um etwa Faktor Zehn erhöhen. Und dieser Vorteil addiert sich fortlaufend auf, denn diese Schaltung wird von uns jährlich in sehr hohen Stückzahlen hergestellt. Und nicht vergessen dürfen wir auch die ungleich höhere Prozesssicherheit. Wir erreichen also einen sehr stabilen Cpk-Wert.“ Der manuelle Lötprozess hatte ziemlich viel Personal gebunden, das natürlich, um die hohe Qualität und Zuverlässigkeit zu erreichen, bestens trainiert werden musste.
„Wir verfügen damit über eine Arbeitszelle, die alle nötigen Schritte automatisch ausführt. Damit können wir erneut unseren Wettbewerbsvorsprung in der Fertigung von Automobilelektronik absichern. Zugleich zeigt das, dass wir als vergleichsweise kompaktes mittelständisches Unternehmen unsere Aufgaben mit hoher Tatkraft und Innovationsrate bewältigen. Unsere Kunden wissen die hohe Expertise und Kompetenz, die hier deutlich wird, sehr zu schätzen. Betrachten wir abschließend die bei uns verfügbaren Techniken und Kompetenzen. Sowohl in der standardmäßigen Verarbeitung von 0201-Bauteilen, beim bleifreien Lötprozess, den unterschiedlichen Lötverfahren als auch in der automatischen optischen Inspektion, lässt sich festhalten, dass sich jetzt vielleicht andere Hersteller darauf vorbereiten, wir aber schon unseren Auftraggebern die bewährten, in der Praxis erprobten Lösungen, offerieren können,“ resümiert Frank Dahlhoff.
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