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Feinere Strukturen, mehr Durchsatz

Bearbeiten von keramischen Substraten mit Faserlasern
Feinere Strukturen, mehr Durchsatz

Das Ritzen und die Mikro-Bearbeitung von AlN- und Al2O3-Keramiken wurde in den letzten 30 Jahren durch den Einsatz von CO2-Lasern dominiert – vor allem weil ihre Wellenlänge von 10,6 µm die hierfür am besten geeignete war. In mehr als 20 Jahren konnten hiermit jedoch kaum Fortschritte in den Bereichen Genauigkeit, Strukturgröße und Finish-Qualität bei der Bearbeitung von den in der Elektronik eingesetzten Keramik-Substraten erzielt werden. Darüber hinaus kann diese Technologie deutlich wartungsintensiver sein als andere Laser-Technologien.

Brett Moon, Richard Budd, Synchron Laser Service & Jack Gabzdyl, SPI Lasers

Eine neue von Synchron Laser Service, Inc. in den USA entwickelte Technik erlaubt nun den Einsatz von Faserlasern im nahen Infrarot für diese Anwendung. Diese Technik weist sowohl eine verbesserte Wiederholbarkeit während des Prozesses als auch kleinere Strukturgrößen im bearbeiteten Substrat auf. Der Einsatz von Faserlasern hilft außerdem, die Herstellungskosten zu reduzieren. Die Faserlaser-Technologie ist mittlerweile ausgereift, stellt ein robustes Werkzeug für den industriellen Einsatz dar und überzeugt dabei vor allem durch geringe Betriebskosten, einen schnellen ROI (Investitionsrendite, Return on Investment), die geringe Größe und Ihre einzigartige Zuverlässigkeit.
Ritzen von Keramiken mit Lasern
Seit nunmehr 30 Jahren ist die Lasertechnologie für das Bearbeiten von keramischen Substraten aus Aluminiumoxid (Al2O3) und Aluminiumnitrid (AlN) für die Elektronikindustrie weit verbreitet. Für das Trennen einzelner Komponenten eines Keramiksubstrates wird der Laser verwendet, um eine Anzahl Blindlöcher mit hoher Präzision zu ritzen. Diese Löcher durchdringen etwa ein Drittel des Substrates und erzeugen eine Sollbruchstelle für das anschließende Brechen. Mit anderen Techniken können auch Vias, verschiedene Aussparungen und feine Muster in das Substrat gearbeitet werden (Bild 1). Wegen der Absorptionseigenschaften der am häufigsten verwendeten Keramiken war bisher der CO2-Laser der Laser der Wahl. Die Energie eines gepulsten CO2-Laserstrahls wird auf kurzer Strecke oberflächlich absorbiert, wodurch das Material erhitzt, aufgeschmolzen und verdampft wird. Bild 2 zeigt eine Aufsicht auf 115 µm große Ritzungen in Aluminiumoxid. Es zeigt auch den damit verbundenen, durch die Hitze beeinflussten Bereich, der durch partielles Aufschmelzen unter den Flügeln des Gaußschen Strahlprofils während der relativ langen Pulsdauern entsteht (etwa 75 bis 300 µs je nach Dicke).
Grundsätzlich hilft der Einsatz von Lasertechnologie der schnell fortschreitenden Entwicklung in der Elektronikindustrie. Sie bietet einen flexiblen und preiswerten Prozess, der an die sich schnell ändernden Ansprüche und Forderungen nach neuer Technologie in der Unterhaltungs- und industriellen Elektronik angepasst werden kann. Der Prozess ist darüber hinaus kontaktfrei, wodurch weniger Ausschuss als bei physikalischen Schneidetechniken erzeugt wird.
Die CO2-Lasertechnologie hat allerdings Nachteile. Im Laufe eines Jahres verbraucht ein Durchfluss-CO2-Laser (Gas Flow CO2-Laser) im Dauerbetrieb beachtliche Ressourcen in Form von Gasen und Energie, und er erfordert einen jährlichen Wartungszyklus. Die für diese Anwendung verwendeten Pulsparameter erlauben darüber hinaus nicht den Einsatz von geschlossener CO2-Lasertechnology (Sealed Tube CO2-Laser). Obwohl CO2-Laser im Laufe der Jahre deutlich verbessert werden konnten, hinken sie in den Bereichen Zuverlässigkeit und Wartung deutlich hinter alternativen Technologien hinterher. Die Strahlqualität leidet auch unter einer gewissen Veränderung zwischen Wartungsintervallen, und die kleinste erreichbare Fokusgröße ist zudem durch die große Wellenlänge limitiert. Einzig die Absorptionseigenschaften der Laserstrahlung in Keramiken haben es dieser Technologie erlaubt, diesen Markt so lange zu beherrschen.
Eine neue Technologie für das Ritzen
Synchron Laser Service, Inc. (South Lyon, MI, USA) ist seit 1980 in der Materialbearbeitungsindustrie involviert. Damals begann die Firma als eine Laser-Service-Organisation mit Kunden rund um die Welt und bot schon bald gebrauchsfertige CO2-Laser-Systeme an. Vor einigen Jahren fügte sie Lohnfertigung mit CO2-Laser-Systemen zu ihrem Angebot hinzu. Synchron ist mittlerweile ein etablierter Anbieter von OEM-CO2-Lasern und integrierten, gebrauchsfertigen Systemen für die Hitzebehandlung und für Anwendungen in der Materialverarbeitung – vor allem für die Mikrobearbeitung von Keramiken – mit Märkten in den USA, Kanada und in Teilen Zentral- und Osteuropas sowie Taiwan, Korea und im Fernen Osten.
Laut Brett Moon, Präsident und Geschäftsführer, und Richard Budd, Leiter Technik von Synchron, wurde erkannt, dass es in den letzten zwanzig Jahren im Stand der Technik für Massenverbrauchsgüter mit hohen Stückzahlen in der Keramikbearbeitung keine signifikanten Verbesserungen gegeben hat. Sie sahen die Limitierungen durch die CO2-Lasertechnologie bei gleichzeitig steigenden Anforderungen der Elektronikindustrie und machten sich auf, eine neue Bearbeitungstechnologie zu entwickeln. Laut Budd waren in der Vergangenheit Versuche zum Einsatz von Nd:YAG-Lasern für diese Anwendung gemacht worden, mit dem enttäuschenden Ergebnis, dass die Absorption bei 1 064 µm einfach zu gering ist. Es kann nicht ausreichend Energie in die Oberfläche eingebracht werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Das Unternehmen hat nun eine Oberflächenbehandlung für die Verstärkung der Absorption von Laserlicht kürzerer Wellenlängen auf Keramiken entwickelt. Nach verschiedenen Versuchen fiel die Entscheidung auf eine schnelle und praktische Behandlung: Sie dringt etwas in die Oberfläche der Keramik ein, verstärkt damit den Energieeintrag von Lasern im nahen Infrarot über ausreichend kurze Eindringtiefen und erlaubt damit das notwendige Aufschmelzen und Verdampfen. Der Griff zur Nd:YAG-Lasertechnologie war damit naheliegend, jedoch gab es laut Budd Probleme mit variierenden Spotgrößen und -Strukturen. Aus diesem Grund kontaktierte das Unternehmen SPI Lasers UK Ltd. in Southampton, UK, die seit einigen Jahren Faserlaser für die Industrie, vor allem für Anwendungen in der Materialbearbeitung wie Mikro-Schweißen, Mikro-Schneiden und Beschriften, entwickeln, für einen 30-tägigen Test eines 150-W-Demo-Faserlasers.
Jack Gabzdyl, deren Business Development Manager, dazu: „Synchron interessierte sich vor allem für die einzigartige Strahlqualität und Zuverlässigkeit der Faserlaser-Technologie. Diese Aspekte ergeben gleich bleibende Fokus-Größen und hohe Intensitäten.“ Vor allem diese Eigenschaften verschaffen den Faserlasern einen entscheidenden Vorteil gegenüber herkömmlichen Lasertechnologien. Tatsächlich ergibt sich aus der Kombination von Synchrons zum Patent angemeldeter Oberflächenbehandlung mit der Faserlasertechnologie ein Prozess, der dem mit CO2-Lasern weit überlegen ist (Bild 3).
Keramikbearbeitung mit Faserlasern
Synchrons Oberflächenbehandlung verbessert im Wesentlichen die Kopplung des Faserlaser-Strahls in die Oberfläche der Keramik, um den Bohrprozess zu starten. Die verbesserte Dynamik der Wechselwirkung zwischen Laserpuls und Materialoberfläche zusammen mit einer speziellen hochauflösenden Strahllenkung stellen eine gleich bleibende Spotgröße auf der Oberfläche sicher und ermöglichen damit deutlich kleinere Strukturen in keramischen Substraten. Bild 4 zeigt einen Vergleich zwischen Ritzstrukturen im gleichen Substrat. Sie zeigen deutlich, dass mit dieser Technik deutlich feinere Strukturen mit besserer Wiederholbarkeit erzeugt werden können. Es wurden auch einige andere Lasertechnologien ausprobiert, die im Prinzip noch feinere Details erzeugen können, aber man kam schnell zu dem Ergebnis, dass keine dieser Technologien gleichzeitig eine vergleichbare Bearbeitungsgeschwindigkeit bieten kann, einige davon sind mehr als zehnmal langsamer.
Im Vergleich zu CO2 bietet der Prozess mit dem Faserlaser eine bessere Wiederholbarkeit und Zuverlässigkeit sowie kleinere Strukturen, inklusive einer dreimal besseren Kantenqualität nach dem Brechen (Bild 3 und 4). Bild 5 zeigt die bessere erreichbare Kantenqualität, hier anhand einer ausgeschnittenen Pfeilspitze. Zu betonen ist, dass der neue Prozess diese Ergebnisse mit einer Geschwindigkeit erzielt, die mit CO2-Lasern nicht erreicht werden kann. Die Geschwindigkeit des Ritzens überschreitet mittlerweile 3 300 cm pro Minute für ca. 380 µm dicke Aluminiumoxid-Substrate. Das ist etwa doppelt so schnell wie mit CO2-Lasern (jeweils bei 30 % Eindringtiefe). Die Geschwindigkeit für Vias, Aussparungen, usw. mit dem Faserlaser ist mindestens genauso hoch und in den meisten Fällen sogar höher als beim CO2-Prozess. Laut Synchron limitieren nun die Strahllenkungssysteme und nicht mehr der Laser den erreichbaren Durchsatz. Sowohl Aluminiumoxid als auch Aluminiumnitrid können auf diese Weise bearbeitet werden. Für Aluminiumoxid ist der Prozess derzeit auf Substratdicken unter 1,5 mm limitiert – langfristig gibt es allerdings Bedarf, für anspruchsvollere Anwendungen auch dickeres Material zu bearbeiten. Ein dickeres Substrat bietet eine bessere Ableitung von Wärme, was zum Beispiel wichtig ist für High-Brightness-LEDs (HB-LED).
Aluminiumnitrid-Keramiken sind generell schwieriger zu verarbeiten als Aluminiumoxide, da sie über eine höhere thermische Leitfähigkeit verfügen und dadurch mehr Energie erfordern. Andererseits sind dort feinere Strukturen möglich, da nur die Bereiche höchster Intensitäten den gewünschten Prozess in Gang bringen, während der durch Hitze beeinflusste Bereich in den Flügeln des Strahlprofils minimiert wird. Erste Ergebnisse mit dieser Technik sind gut, und der Prozess wird momentan optimiert.
Prozessverbesserungen durch Faserlaser
Wie bereits erwähnt, bieten Faserlaser einzigartige Eigenschaften, von denen viele Anwendungen in der Materialbearbeitung profitieren. Ein zuverlässiger Gauß-Strahl (TEM00) ist zum Beispiel Voraussetzung für das Erreichen und das Beibehalten gleich bleibender Fokus-Größen auf der Materialoberfläche. In dieser Hinsicht glänzen Faserlaser, da sie bei allen Ausgangsleistungen und allen erdenklichen Pulssequenzen eine hervorragende Strahlqualität aufweisen und damit große Arbeitsabstände ermöglichen (Stand-Off). Ein weiterer Vorteil ist, dass die kleine Fokusgröße und die hohe Strahlqualität eine hohe Intensität im Fokus bedeuten. Dies ermöglicht eine zuverlässige Bearbeitung mit hoher Präzision und minimalem HAZ. Nicht nur aus diesen Gründen zeigen Faserlaser eindeutige Vorteile für eine ganze Reihe industrieller Anwendungen. Sie haben gezeigt, dass mit Ihnen die Betriebskosten deutlich gesenkt werden können: durch geringere Wartungskosten, fehlenden Justage- oder Kalibrierungsaufwand, durch längere Betriebszeiten und verbesserte Produktqualität bei gleichzeitig höherem Durchsatz. Darüber hinaus sind Faserlaser kompakt und unempfindlich, und daher auch für die größten Herausforderungen im industriellen Umfeld geeignet.
Vorteile für den Keramikmarkt
Die geschützte Technik eröffnet neue Möglichkeiten für eine Industrie, die – obwohl sie wichtiger Bestandteil der Produktion von Unterhaltungselektronik ist – bisher nicht am Fortschritt teilgenommen hat, der in anderen Bereichen der Materialbearbeitung stattgefunden hat. Während die Zuverlässigkeit von CO2-Lasern ständig verbessert worden ist, gibt es wenig, was die Strahlqualität (genauer gesagt das Strahlparameterprodukt) von CO2-Lasern bis hinab in Leistungsbereiche, die von Faserlasern bedient werden, weiter verbessern könnte. In einem Marktsegment mit relativ wenigen Hauptakteuren, welches einerseits großem Preisdruck unterliegt und andererseits auch flexibel bleiben muss, um auf Änderungen der Kundenanforderungen reagieren zu können, kann jeder Prozessvorteil signifikante Marktanteile bringen.
Laut Budd ermöglicht die Kombination aus der Nutzung von Faserlasern zusammen mit der Oberflächenbehandlung letztlich die Erzeugung feinerer Strukturen in Elektronik-Keramiken auch bei großen Stückzahlen – oft mehr als 10 Millionen Stück pro Monat – die zudem leicht die Ansprüche an Massenunterhaltungselektronik wie zum Beispiel Mobiltelefone, Musik-Player und hochintensive LEDs für Hintergrundbeleuchtung und Anwendungen in der Automobilbranche erfüllen. Er fügt hinzu, dass einige dieser Industrien Lochgrößen von <75 µm spezifizieren bei einer Genauigkeit besser als 13 µm – eine Auflösung, die nicht einfach mit CO2-Lasern erreicht wird, mit dem neuem Ansatz aber schon jetzt in der Massenfertigung möglich ist (Bild 6).
Die Oberflächenbehandlung des Unternehmens kann aufgesprüht, getaucht und sogar gerollt werden und erfordert keine nennenswerte Trockenzeit. Budd weist darauf hin, dass eine Oberflächenbehandlung der Keramik nicht unbedingt einen zusätzlichen Bearbeitungsschritt darstellt, da im etablierten Prozess mit CO2-Lasern häufig ein Beschichtungs-Schritt (normalerweise eine Spritzschutz-Schicht) verwendet wird – schließlich fügt er hinzu, dass das weitaus geringere Volumen an energiereichen Partikeln, welches bei dem neuen Prozess anfällt, jegliche Spritzprobleme beinahe erübrigt.
Ausblick
Der zum Patent angemeldete Prozess verspricht, einen Markt aufzurütteln, in dem es in den letzten 20 Jahren kaum nennenswerte Fortschritte am fertigen Produkt gegeben hat. Die Möglichkeit, bedeutend feinere Strukturen in Keramiksubstraten bei erheblich höherem Durchsatz erzeugen zu können, bietet der Elektronikindustrie Vorteile hinsichtlich Design, Leistung und Kosten. Faserlaser helfen dabei, ein besseres Gleichgewicht der wichtigsten Kriterien der Konkurrenzfähigkeit zu erreichen – normalerweise ist dies ein Zusammenspiel aus optischer Leistungsfähigkeit, Prozessflexibilität, hoher Ausbeute, langen Betriebszeiten und außergewöhnlich hoher Zuverlässigkeit. Hier hat der Faserlaser dabei geholfen, eine Leistungsfähigkeit des Prozesses zu schaffen, die vorher nicht erreichbar war. Gabzdyl schließt mit der Beobachtung, dass Faserlaser mittlerweile weit in Marktsegmente vorgedrungen sind, die bisher von Nd:YAG-Lasern dominiert wurden, und dass die Faserlaser-Technologie nun in einer Position ist, auch die CO2-Lasertechnologie in einer ihrer Standard-Disziplinen vom Thron zu stürzen.
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