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Gedämpfter Optimismus

APEX 2004 vom 22. bis 24. Februar in Anaheim, Kalifornien
Gedämpfter Optimismus

Gutes Timing: Die Elektronikfertigung setzt in den USA zu einem fragilen, vielleicht nur kurzen Aufschwung an, und die APEX 2004 findet ihre volle thematische Breite. Die von der IPC organisierte Ausstellung und Konferenz bringt jetzt, nach langem taktischen Hin und Her, auch die früher getrennte „IPC Printed Circuits Expo“ und den „Designers Summit“ unter ein Dach ins Anaheim Convention Center, genau gegenüber dem Original-Disneyland.

Im Unterschied zum Vorjahr war die Stimmung der Aussteller (480) und Besucher (5700) ausgesprochen gut, stellenweise sogar überschwänglich. Ein dichtes Konferenzprogramm (40 Sitzungen mit 125 Präsentationen) deckte die derzeit aktuellen Themen ab, vom bleifreien (auch selektiven) Löten, über Flip Chip und eingebettete Passive bis zur Prozessautomation. Somit verbindet die APEX, wie die Productronica, wenn auch in kleinerem Rahmen, die OEMs mit den EMS-Providern sowie deren Design-Communities und Standard-Komitees, und zwar über die gesamte Prozesskette der Elektronikfertigung. Eine neue Errungenschaft für die US-Messeszene mit ihren speziellen Unterschieden zu Europa, Japan und Asien.

An Produkten gibt es, da die APEX 2004 sehr dicht auf die Productronica 2003 folgte, nicht viel Neues zu berichten, zumindest nicht für europäische Interessenten. Die Bedeutung der APEX liegt eher darin, dass sie den Importeuren von Fertigungsequipment den US-Markt erschließt, und Kontakte mit Produktentwicklern und Einkäufern öffnet. Vom US-Anwendermarkt, vor allem vom Militär- und Automobilsegment, kommen definitiv, wie etliche europäische Aussteller betonen, die Innovationsimpulse für die globale Fertigung. Auf der anderen Seite vermittelt die APEX mit ihrer massiven Präsenz der europäischen und asiatischen Anbieter den kleineren und mittleren Abnehmerfirmen in den USA wohin die Welt geht in puncto Effizienz der Prozessketten und der aktuellen Umwelt-Regulationen, etwa beim bleifreien Löten oder der Entsorgung von Elektronikschrott. Da hängen vor allem den Herstellern von Consumer-Elektronik die EU-Direktiven WEEE und RoHS dicht über dem Kopf.
Für viele US-Hersteller ist das, wie gesagt, noch News. Michael Cannon, CEO von Solectron, fasste das in seiner Keynote thematisch scharf zusammen, in der er die USA zur Zone der High-Mix / Low-Volume-Ferti gung erklärte, nachdem die Massenfertigung ungebremst in Länder und Kontinente mit niedrigeren Arbeitskosten migriert. Dass diese Abwanderung von Investment, Know-how und Beschäftigung im Präsidentschaftswahlkampf nicht geräuschlos von statten geht, ist klar – zumal sie immer stärker auch die White-Dollar-Jobs erfasst.
Der renommierte Marktforscher Walt Custer kam in seiner detaillierten Analyse des US-Marktes zu dem Schluss, dass eine nachhaltige Erholung auch bei der Nachfrage nach Investitionsgütern im Gang ist. „Wir sehen, dass die Ersatzbeschaffungen bei Computern jetzt wieder laufen.“ Die ebenfalls wieder anlaufenden Firmenaufkäufe und Fusionen sprechen eine ähnliche Sprache: Sie bringen neue Kapitalisierungen zur Expansion der Fertigungsbasis und zur Eroberung neuer Märkte.
So plant ViTechnology, kürzlich vom Galileo Investment Fund übernommen, signifikante Erweiterungen der F&E-Basis. Vitronics Soltec hat seine Fertigungsbasis weltweit an 3 Orten organisiert: Oosterhout in den Niederlanden (Wave soldering und selektives Löten), Stratham in den USA und Souzhou in China. „Wir sehen große Aktivitäten in Europa und in den USA“, sagt Vitronics-Präsident Jeroen Schmits. „Wir gehen nicht aus Europa fort. Innovation und Kreativität in unserer Industrie sind hier repräsentiert und noch nicht so sehr in China.“
Auch Speedline fährt unter seinem neuen Eigner KPS die F&E-Aufwendungen für neue Maschinen hoch: „Mit unserer Prozess- und Anwendungsexpertise“, sagt Speedline-Präsident Pierre de Villemejane, „bieten wir die niedrigste Cost-of-ownership für PCB- und Halbleiterfertigung.“ Kester, so wurde auf der APEX 2004 angekündigt, ist jetzt im Besitz der Portfolio-Holding American Capital Strategies und wird damit aus dem Defense-Bereich, von Northrop Grumman herausgelöst, um sich verstärkt dem industriellen Anwendersegment zu widmen. Eine deutsche Niederlassung in Plauen, nahe der tschechischen Grenze, soll sich mehr um die osteuropäischen Assembly-Märkte kümmern.
Auch Aegis International Software verstärkt seine europäische Präsenz mit einer britischen Tochterfirma, um seine mehr als 100 europäischen Kunden besser zu erreichen. Asymtek hat einen neuen Distributor für seine automatischen Dispensersysteme in Deutschland und Österreich: SmartTec. Einen Hinweis auf die in den USA weniger weit fortgeschrittene Prozessautomation bei kleineren und mittleren Herstellern vermittelte ein Gespräch auf dem Stand von Mimot USA: „Viele dieser Firmen entdecken derzeit“, sagte Joerg Widmer, „dass nur der High-Mix-Assembly-Markt ihre Rettung sein kann. Deswegen sind sie zu Investitionen bereit.“
Etliche Partnerschaften und technologische Kooperationen wurden angekündigt. So die zwischen Siemens Dematic und ViTechnology, sowie zwischen Universal und Cyberoptics. Tecnomatix kooperiert mit HP und Juki (außerdem mit Assembleon, Fuji, Itochu und Spea). Indium Corp. erhielt zusammen mit seinem Kunden Motorola den begehrten Soldertec Global Award für die Zusammenarbeit beim bleifreien „Quickstart“- Lötprozess, der mittlerweile in mehrere Millionen Handys auf dem Weltmarkt Eingang gefunden hat.
Vorsichtiger Optimismus ist die offizielle Linie bei DEK. „An der Marktbelebung und der Kapazitätsausweitung in Asien in den letzten zwölf Monaten ist erkennbar, dass sich die Gangart beschleunigt“, urteilt CEO Richard Heimsch, zugleich Vorsitzender des APEX Trade Show Committee, „vorzugsweise getragen vom US-Consumer-Segment.“ Was noch fehlt im Nachfrage-Szenario sind die großen Leitungs-gebundenen Telekomfirmen, die noch nicht wie die Handyhersteller voll am Aufschwung partizipieren.
Universal stellte auf der APEX 2004 seine „Advantis“-Plattform heraus, rekonfiguriert für die Mid-Volume-Fertigung, mit kleinerem Footprint und niedrigerem Preispunkt. „Wir bedienen damit Kunden, die noch nicht auf unser Highend-Modell „Genesis“ umsteigen wollen“, sagt Advantis-Manager Aaron Saxton. Beide Maschinen können mit dem neuen Highspeed-Kopf „Lightning“ ausgerüstet werden. Er bekam übrigens den APEX 2004 Innovative Showcase Award.
Digitaltest präsentierte das ICT-Modell MTS 888 (mit 7000-Pin-Testbett) sowie den „Condor“ MTS500XL mit modularem Fying-Probe-Kopf. Rohwedder Pematech zeigte die Testzelle Inline Servo TCIL-S (mit dem Digitaltest MTS 300 Sigma und Steuer-PC in der Konsole).
Bei Siemens Dematic, nach eigenem Bekunden „der Welt führende Anbieter von Logistik und Fertigungsautomation“, sieht USA-Chef Günter Lauber den US-Markt als entscheidend wichtiges Territorium. „Für uns ist es unabdingbar, hier zu sein. Nordamerika ist sehr aktiv in der Einführung neuer Produkte und bei Hightech-Fertigungssystemen – wenn auch nicht mehr so stark im High-Volume-Segment.“ Alle Marketingstrategien von Siemens Dematic in den USA, so Lauber, zielen auf „lean manufacturing“: Visibilität, Flexibilität, Transparenz im Fertigungsprozess. Einschluss der Logistik, so Lauber, ermöglicht Verbesserungen in der Problemlösungsgleichung: „ Wenn Sie Stillstände der Fertigung in Folge von Unterbrechungen im Materialfluss eliminieren, können Sie die Auslastung Ihrer Linie ganz wesentlich steigern.“
Volker Pape von Viscom war mit dem Besucherandrang auf seinem Stand hoch zufrieden: „Wir mussten unsere lead sheets nachdrucken, wir hatten mehr leads als erwartet. Die Kunden sind kaufbereit, die Budgets sind wieder da.“ Viscom stellte auf dem US-Markt vor allem die AOI/AXI-Plattform X7055 und die S6055 mit schnellerem Antrieb vor, die auf die Inspektion vor und nach dem Löten zielt.
Mit ihrem neuen Format gewinnt die APEX klare Konturen. Die Kolokation von APEX und Printed Circuits Expo, sagt Barry Lee Cohen von Cookson Electronics, „war für uns eine hervorragende Gelegenheit, unser Spektrum zu zeigen, da wir Board-Hersteller und Assembler bedienen.“ Die Industrie, sagt Cohen, ist in einer glaubwürdigen Aufschwungphase. Wie lang wird sie andauern? „Ich bin kein Wahrsager.“ (Werner Schulz)
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