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Verbesserte Zuverlässigkeit

Das thermische Management von Halbleiter- Bauelementen
Verbesserte Zuverlässigkeit

Bei den meisten Halbleiter-Bauelementen handelt es sich um Ausführungen mit geringer Leistungsaufnahme (Low-Power) und somit auch geringer Verlustleistung, die folglich während des Betriebs eine vernachlässigbare Wärmeabgabe aufweisen. Andere Bauelemente jedoch wie Leistungstransistoren, Prozessoren, Hochleistungsdioden und andere Hochleistungshalbleiter geben während des Betriebs eine erhebliche Wärmemenge ab. In diesen Fällen ist es nötig, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Lebensdauer und Zuverlässigkeit der Komponenten zu gewährleisten.

Dr. John Humphries, Electrolube, Derbyshire (UK)

Nehmen wir als Beispiel ein von anderen Einflüssen unbeeinflusstes Bauteil an. Seine Temperatur wird im Betriebszustand soweit ansteigen, bis die im Bauelement erzeugte Wärme jener entspricht, die an die Umgebung abgegeben wird. Erzeugte und abgegebene Wärmemenge befinden sich dann im Gleichgewicht (Equilibrium). Die Wärmeabstrahlung eines heißen Gegenstands folgt annähernd Newtons Gesetz der Abkühlung (Konvektion). Dieses besagt, dass sich der Wärmetransport proportional zur Temperaturdifferenz zwischen diesem Gegenstand und der Umgebung verhält. Mithin gilt: Wenn die Temperatur eines Bauelements ansteigt, so nimmt auch der Wärmetransport zu. Und wenn die Wärmeabgabe je Zeiteinheit der im Bauteil erzeugten Wärmemenge je Zeiteinheit entspricht, hat die Komponente ihr Temperatur-Gleichgewicht erreicht. Diese Temperatur kann jedoch so hoch ansteigen, dass sie erheblich die Lebensdauer des Halbleiterbauteils verkürzt oder sogar zum Ausfall führt. In solchen Fällen ist es nötig, effiziente Maßnahmen für das thermische Management zu treffen. Vergleichbare Überlegungen gelten natürlich auch für komplette Schaltungen oder Halbeiterbausteine, die Elemente enthalten, die Wärme erzeugen.
Die Wärmeabgabe eines Bauteils ist natürlich in einem Luftstrom höher als in stehender Luft. Deswegen besteht eine Methode der Temperaturkontrolle für Bauelemente oder Baugruppen darin, mit Lüfter(n) einen effizienten Luftstrom herzustellen oder diesen zu erhöhen. Sogar wenn man nur allgemein etwas bessere Ventilationsverhältnisse um ein Bauteil sicherstellt, wird sich eine niedrigere Betriebstemperatur einstellen als wenn man das Teil in einem abgeschlossenen Einbauort ohne Belüftungsöffnungen unterbringt. Allerdings gibt es einen Punkt, der übersehen werden kann: wegen des mit der Höhe abnehmenden Luftdrucks (geringere atmosphärische Dichte) ergibt sich damit auch ein weniger effizienter Wärmetransport zur Umgebungsluft. Folglich steigt hier in einem Bauteil die Betriebstemperatur an.
Der Wärmeübergang von einem Bauteil zur Umgebung erfolgt stets über dessen Oberfläche. Mithin ist die Abkühlungsrate bei größeren Oberflächen auch höher. So wird also ein kleines Bauelement mit 10-W-Verlustleistung eine höhere Betriebstemperatur erreichen als ein größeres Bauteil gleicher Verlustleistung. Folglich basiert ein oft praktiziertes Verfahren, die Betriebstemperatur zu reduzieren, auf einer künstlichen Vergrößerung der Oberfläche. Dies lässt sich mit einem Kühlkörper aus Metall erreichen, der auf dem Bauteil montiert wird. Kühlkörper werden in der Regel gestanzt, im Spritzguss-Verfahren oder aus Strangpressprofilen hergestellt, sie bestehen aus Kupfer oder Aluminium bzw. aus Legierungen daraus. Entscheidend ist, dass der Kühlkörper die Wärme sehr gut leitet. Solche Kühlkörper weisen oft auf ihren Oberflächen Kühlrippen auf, um die Oberfläche für die Wärmeabgabe noch zu vergrößern.
Kühlkörper haben eine wesentlich effizientere Wirkung, wenn am Einbauort eine gute Luftventilation vorhanden ist oder – noch besser – sich der Kühlkörper direkt im Luftstrom eines oder mehrerer Ventilatoren befindet. Es ist allerdings praktisch nicht möglich, die aufeinander liegenden Oberflächen von Kühlkörpern und Komponenten mit perfekt ebenen Kontaktflächen herzustellen. Deswegen haben nur die beidseitig hervortretenden Flächenteile den nötigen innigen Kontakt und zwischen den anderen Kontaktbereichen befinden sich störende Luftpolster. Doch ist Luft ein schlechter Wärmeleiter. Deshalb stellt solch eine Übergangsfläche eine mehr oder weniger ausgeprägte thermische Barriere dar, welche die Effizienz der Wärmeübertragung vom Bauteil deutlich reduziert. Um dem abzuhelfen, verwendet man deshalb zwischen Komponente und Kühlkörper spezielle Compound-Materialien, die den Wärmeübergang erheblich verbessern.
Solche thermisch leitfähigen, pastösen Compound-Massen füllen die kleinen Lücken im Kontaktschluss zwischen Bauelement und Kühlkörper und minimieren somit den thermischen Übergangswiderstand an dieser Stelle. Dies führt zu einer erheblich verbesserten Wärmeübergabe an den Kühlkörper, wobei die Betriebstemperatur des Bauteils sinkt. Es gibt verschiedene Compound-Materialien zur Optimierung des Wärmeübergangs. Electrolube stellt eine umfangreiche Palette von thermisch leitfähigen Pasten her, mit deren Anwendung Lufteinschlüsse an der Kontaktfläche zwischen Komponente und Kühlkörper vermieden werden. Solche Pasten bestehen aus thermisch leitfähigen, mineralischen Stoffen in einer Trägerflüssigkeit, die entweder Silikon enthält oder auch mit anderen Stoffen vermischt ist.
Pasten auf Silikon-Basis wie Electrolubes HTS und HTSP sind grundsätzlich für höhere Betriebstemperaturen ausgelegt als jene Alternativen ohne Silicon wie HTC und HTCP. Allerdings können Silikone in einigen Schaltungen durchaus Probleme hervorrufen, denn sie migrieren relativ leicht und folglich besteht die Gefahr von Verunreinigungen und Fehlfunktionen, beispielsweise an Relaiskontakten. Es ist möglich, die thermische Leitfähigkeit von solchen Pasten zu verändern, indem man den Gehalt an mineralischen Stoffen erhöht oder ein anderes Füllmaterial verwendet. Die P-Versionen der hier genannten Pasten weisen einen höheren Betrag an Füllmaterial auf, der als spezielle Mischung unterschiedlicher Materialien die thermische Leitfähigkeit deutlich verbessert. Grundsätzlich haben die Pasten mit höherer thermischer Leitfähigkeit eine höhere Viskosität, wobei sich dadurch aber größere Schwierigkeiten beim Dispensen ergeben können.
Thermisch leitfähige Pasten behalten ihren Pastencharakter, was die spätere Demontage für Reparaturen oder Recycling erleichtert. In einigen Anwendungsfällen kann es wünschenswert sein, ein thermisch leitfähiges Material zu verwenden, das fest aushärtet. Die TCR ist ein Silicon-RTV (bei Raumtemperatur vulkanisierend) gefüllt mit einer speziellen Mischung von mineralischem Material: Dosiert zwischen dem Kühlkörper und dem Bauelement verfestigt es sich unter dem Einfluss üblicher Feuchte zu einer kautschukähnlichen Substanz. TBS ist ein 2-Komponenten-Epoxidharz, das zu einer sehr festen Masse aushärtet und den Kühlkörper fest mit dem Bauelement verbindet. Bei Anwendungen mit einigen Arten von Bauelementen kann dies von Vorteil sein, aber bei der Demontage sind doch einige Schwierigkeiten zu erwarten.
Gleich welches thermisch leitfähige Material man verwendet, stets ist es sehr wichtig, dass die Kontaktfläche zwischen dem Bauelement und dem Kühlkörper vollständig ausgefüllt ist und keinerlei Lufteinschlüsse mehr enthält. Üblicherweise trägt man dazu eine definierte Menge des Materials in der Mitte der Kontaktflächen von Bauteil und Kühlkörper auf und fügt diese so aufeinander, dass die Kontaktflächen parallel aufliegen. Es ist sinnvoll, die aufgebrachte Materialmenge so zu kontrollieren und zu dosieren, dass zwar genug davon vorhanden ist um Lufteinschlüsse zuverlässig zu verhindern, doch nicht so viel, dass erhebliche Übermengen an den Stirnseiten der Kontaktflächen austreten. Dieses Ziel ist mit dem Einsatz von automatischem Dispensing- und Montage-Equipment effizient erreichbar. Sind Lufteinschlüsse nicht vorhanden, ist die thermische Leitfähigkeit zwischen den Kontaktflächen sehr niedrig und folglich ist auch die Betriebstemperatur des Bauelements niedriger. Mithin gilt: Je höher die thermische Leitfähigkeit von Paste oder Kunstharz ist, um so niedriger liegt der thermische Widerstand – und damit wird die Betriebstemperatur reduziert.
Der thermisch leitfähige Compound hat allerdings eine niedrigere thermische Leitfähigkeit als der Kühlkörper, deswegen sollte die Materialschicht zwischen den Kontaktflächen so dünn wie möglich gehalten werden. Dies hilft, den thermischen Widerstand zu reduzieren und sorgt für eine niedrige Betriebstemperatur des Bauelements. Natürlich ist es andererseits sehr wichtig sicherzustellen, dass wegen der geringen Dicke keine Luft in dem dünnen Film eingeschlossen ist. Die Dicke des Films lässt sich jedoch sorgfältig kontrollieren, indem man sehr kleine Glaskügelchen (Ballotini) mit kontrolliertem Durchmesser in die Paste oder das Harz einbringt. Die Dicke des Materials ist definiert über den Durchmesser dieser Kügelchen (Spheres). Für einen guten und dauerhaften Kontakt zwischen Bauelement und Kühlkörper sollte man diese mit Schrauben oder Clips fest miteinander verbinden.
Kennt man die thermische Leitfähigkeit der Wärmeleitpaste, die resultierende Filmdicke sowie die Größe der Kontaktfläche, so lässt sich der thermische Widerstand über die gesamte Anordnung berechnen und damit auch die Betriebstemperatur des Bausteins im Equilibrium. Auch die Leistungsaufnahme des Bauelements sollte bekannt sein und Prognosen sind anzustellen, welche Oberflächentemperatur der Kühlkörper voraussichtlich erreichen wird.
Bei Schaltungen, die viel Hitze erzeugen, kann es angemessen sein diese in einem Metallblock einzubetten und zu vergießen – mit bereits integrierten oder später angebrachten Kühlrippen. Der Übergangswiderstand wird dann mit einer thermisch leitfähigen Vergussmasse reduziert. Von Electrolube sind dafür mehrere solcher Materialien verfügbar, die populärsten davon sind die Zweikomponenten-Epoxid-Kunstharze ER 2074 und ER 2183. Auch hier ist es nötig darauf zu achten, dass keine Lufteinschlüsse beim Vergießen auftreten, weil diese ja eine optimale Wärmeübertragung zum Metallblock erschweren. Ist jedoch die sehr hohe thermische Leitfähigkeit dieser beiden Kunstharze nicht nötig, lässt sich auch eine universell anwendbare Vergussmasse (mit mineralischem Füllmaterial) verwenden, beispielsweise ER 2188. Mineralisches Füllmaterial weist eine höhere thermische Leitfähigkeit als die Harzbasis auf, deswegen sind in Bezug auf den Wärmetransfer gefüllte Harze besser. Je höher der Anteil des Füllmaterials ist, umso höher ist auch die thermische Leitfähigkeit. Doch ein höherer Anteil an Füllmaterial erhöht auch die Viskosität (Fließvermögen) und damit besteht wiederum auch eine höhere Wahrscheinlichkeit für Lufteinschlüsse im Vergussmaterial.
Andere spezielle Methoden der thermischen Kontrolle sind Flüssigkeitskühlungen oder die Anwendung von Peltier-Elementen. Übliche Flüssigkeitskühlungen beruhen auf der Zirkulation einer Kühlflüssigkeit, welche die Wärme vom Objekt über eine Kontaktfläche abführt. Flüssigkeiten sind zur Kühlung bekanntlich wesentlich besser geeignet als Luft. Eine spezielle Weiterentwicklung der Flüssigkeitskühlung sind die so genannten Heatpipes. In diesen dünnen Röhrchen mit geschlossenem Kreislauf verdampft am heißen Bauelement eine Kühlflüssigkeit, die sich dann im kalten Bereich wieder niederschlägt, verflüssigt und zurückfließt. Es handelt sich übrigens um das gleiche Prinzip wie im Kühlschrank angewendet.
Der thermoelektrische Peltier-Effekt tritt an der Kontaktstelle zwischen zwei unterschiedlichen Metallen auf, durch die ein Gleichstrom fließt. Fließt der Strom in die eine Richtung, erhitzt sich diese Übergangsstelle – fließt der Strom in die andere Richtung, kühlt sie sich ab. Die transportierte Wärmemenge ist abhängig von der Stromstärke (Zahl der Elektronen). Es gibt Bauelemente, in denen speziell dieser Effekt erzeugt wird. Mit einem Array solcher Elemente kann man also eine Kühlwirkung erzielen.
Auch für die Montage dieser beiden Kühlsysteme ist die Anwendung von Wärmeleitpaste an der Kontaktfläche zum Bauelement nötig, das gekühlt werden soll. Dies ist der Garant dafür, dass keine thermisch isolierenden Lufteinschlüsse auftreten und die Effizienz der Wärmeübertragung zum Kühlsystem hoch ist. Zudem kann es auch am heißen Ende des Kühlsystems noch nötig sein, mit einem Kühlkörper die Wärme an die Umgebung abzuführen.
Mit der zunehmenden Miniaturisierung von elektronischen Schaltungen wird das Problem, die Verlustleistungswärme optimal abzuführen, zwangsläufig immer dringlicher. Halbleiter reagieren sehr empfindlich auf Überhitzung. Ein wesentlich verbessertes thermisches Management führt somit oft zu einer deutlich verbesserten Zuverlässigkeit und höherer Wahrscheinlichkeit der Lebensdauer.
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